Ordnung für das „Forum Geistliche Begleitung“
Das „Forum Geistliche Begleitung“ ist ein Zusammenschluss von Personen, die geistliche Begleitung und Begleitung geistlicher Übungen fördern und durchzuführen bereit sind.
Das Forum
- ermöglicht Austausch und kollegiale Beratung unter seinen Mitgliedern
- organisiert spezifische Weiterbildungen
- beteiligt sich an konzeptionellen Überlegungen zu geistlicher Begleitung und Begleitung geistlicher Übungen
- informiert über geistliche Begleitung und vertritt ihr Anliegen in Kirche und Öffentlichkeit.
Das Grundverständnis geistlicher Begleitung
Das für das Forum maßgebliche Verständnis geistlicher Begleitung ist in dem Grundsatzpapier „Lebens-Gespräch mit Gott. Zum Verständnis und den Rahmenbedingungen geistlicher Begleitung“ in der Fassung vom 21. November 2016 beschrieben.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Mitglied des Forums kann werden, wer eine Weiterbildung „Geistliche Begleitung“ oder „Begleitung geistlicher Übungen“ abgeschlossen hat; im Einzelfall auch Personen mit langjähriger seelsorglicher Erfahrung und Erfahrung in Formen geistlicher Übungen.
Über die Aufnahme entscheidet der Leitungskreis des Forums.
In der Regel sind die Mitglieder bereit, geistliche Begleitung durchzuführen.
Die Mitglieder verpflichten sich zu regelmäßiger spezifischer Fortbildung sowie selbst in einem Begleitungsprozess zu bleiben.
Die Teilnahme an der jährlichen Zusammenkunft des Forums ist obligatorisch.
Wer drei Jahre an keiner Zusammenkunft teilnimmt bzw. in zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht auf die Einladung mit einer Zu- oder Absage reagiert, scheidet aus dem Forum aus.
Ausnahmen sind möglich. Darüber entscheidet der Leitungskreis.
Leitungskreis des Forums
Der Leitungskreis besteht aus drei bis fünf Personen. Die oder der Landeskirchliche Beauftragte für geistliche Begleitung und geistliches Leben in der EKvW ist geborenes Mitglied des Leitungskreises.
Die anderen zwei bis vier Mitglieder werden bei einer Zusammenkunft des Forums, auf Antrag in geheimer Wahl, gewählt. Die Amtszeit der gewählten Mitglieder des Leitungskreises beträgt vier Jahre; Wiederwahl ist möglich.
Der Leitungskreis leitet das Forum und nimmt insbesondere folgende Aufgaben wahr:
- er lädt mindestens einmal im Jahr zu einer Zusammenkunft des Forums ein
- er sorgt für Information und Austausch innerhalb des Forums
- er ist verantwortlich für eine jährlich aktualisierte Liste von Personen, die bereit sind, geistliche Begleitung anzubieten
- er entscheidet über die Anträge zur Aufnahme in das Forum
- er vertritt das Forum nach außen
- er ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Forums.
Der Leitungskreis tagt nach Bedarf.
Änderungen an dem Grundsatzpapier und an den Verabredungen bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Forums bei einer Versammlung.
Lebens-Gespräch mit Gott.
Zum Verständnis und den Rahmenbedingungen Geistlicher Begleitung
Geistliche Begleitung ist eine Gestalt der Seelsorge für Menschen, die Gott suchen und ihrem Glaubensleben eine Gestalt geben möchten. Die altkirchlichen Bezeichnungen Offenlegen der Gedanken und Öffnung des Herzens beschreiben das Geschehen einer vertrauensvollen Mitteilung.
Lebens-Gespräch mit Gott
Im Mittelpunkt geistlicher Begleitung steht das Lebens-Gespräch zwischen Gott und Mensch.
Im Erfahrungsraum der Schrift wird unser menschliches Wesen und unsere Identität mit den Worten Geschöpflichkeit und Gotteskindschaft beschrieben. Sie stiften eine dynamische Lebensbewegung, von Gott her, mit Gott, auf Gott hin, und bedeuten eine letzte existentielle Verwiesenheit. Unsere menschliche Suche nach Liebe, Sinn, Freiheit hat hier ihren Ursprung und findet hier ihr Ziel. Mit unserem Menschsein sind Grundfragen und Herausforderungen gegeben, auf die eine Lebensantwort zu finden aufgegeben ist.
Der Weg-Begleiter für jeden Menschen ist der lebendige Gott, der sich in Jesus Christus und dem Heiligen Geist mitteilt.
Der Begleiter / die Begleiterin ist in Dienst genommen und stellt sich, die eigene Person, Existenz und Erfahrung, in den Dienst, das Lebens-Gespräch zwischen Gott und dem Menschen zu fördern, zu unterstützen, im Sinne der Unterscheidung der Geister auch auf Hemmnisse und Irrungen aufmerksam zu machen. In der geistlichen Begleitung geht es wesentlich darum, die Lebensimpulse des Geistes wahrzunehmen und aufzunehmen.
Der Heilige Geist wirkt auf unterschiedliche Weise auf dem persönlichen Lebens- und Glaubensweg. Seine Impulse werden beim Lesen in der Bibel, in Verkündigung und Seelsorge der Kirche, in den verschiedenen Weisen der betenden Zwiesprache mit Gott, bei der Lektüre von Schriften der geistlichen Tradition oder von Büchern gegenwärtiger geistlicher Autorinnen und Autoren wahrgenommen. Die Anregungen des Heiligen Geistes können sich im alltäglichen Leben ereignen, in Begegnungen und Gesprächen, in allem, was wir erleben und erfahren.
Geistliche Begleitung ist eine geschwisterliche Weggemeinschaft (vgl. Schmalkaldische Artikel III), ein gemeinsames „auf dem Wege sein“; sie ist geistgewirkt und unverfügbar, geschenkt und empfangen. Sie wird allen angeboten, die sich in regelmäßigem persönlichem Gespräch auf ihrem Glaubensweg oder in ihrer Suche nach der Wahrheit ihres Lebens begleiten lassen möchten.
Geistliche Begleitung unterstützt Menschen sowohl in ihren Alltagserfahrungen als auch in Tagen geistlicher Übung / Retraiten.
Im Folgenden wird die spezifische Gestalt Geistlicher Begleitung in Form vereinbarter, regelmäßiger Gespräche zwischen begleiteter und begleitender Person beschrieben.
Name bei Gott
Geistliche Begleitung hat ihre Grundlage darin, dass jeder Mensch bei Gott einen Namen hat, der auch im Tod nicht verklingt, und ihm im An-sehen Gottes die Würde eines Kindes Gottes zukommt. Sie ist darauf ausgerichtet, mehr und mehr in und aus diesem Ansehen zu leben. Damit verbunden ist die Bereitschaft, sich auf einen Prozess einzulassen und für die konkreten Schritte im Leben persönlich Verantwortung zu übernehmen.
Zwiesprache mit Gott
Geistliche Begleitung ist bei der begleitenden und bei der begleiteten Person mit Zeiträumen für die Zwiesprache mit Gott im alltäglichen Leben verbunden (Liturgie, mündliches Gebet, Lesung und Meditation der Schrift, kontemplatives Gebet) bzw. hilft, solche Zeit-Räume zu finden und zu gestalten.
Quelle und Horizont des persönlichen geistlichen Weges bilden die Heilige Schrift und die Zeugnisse der spirituellen Tradition. Sie bleiben Stütze und Herausforderung zugleich.
Geistliches Leben ist immer konkret: Es findet Gestalt an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, in Beziehung zu bestimmten Menschen.
Dabei gilt es, die Unverwechselbarkeit und Einzigkeit jedes Menschen, seiner Person, seiner Lebensumstände, seines Weges zu berücksichtigen: So sind auch bei der Frage der geistlichen Übung im Alltag die Eigenschaften der Person und ihrer Lebensumstände zu beachten.
Wahrnehmen und aussprechen, was ist
Geistliche Begleitung hat den Menschen in der Ganzheit seiner einmaligen Person und Existenz im Blick. Es gibt kein Verhalten, kein Gefühl, keinen Gedanken, kein Streben oder Tun, das nicht im Rahmen der geistlichen Begleitung zur Sprache gebracht, zum Inhalt werden könnte.
In der geistlichen Begleitung ist Raum und Zeit, das auszudrücken, was mich erfüllt und bestimmt. Der Begleiter / die Begleiterin unterstützt und ermutigt den Menschen, möglichst unbefangen wahrzunehmen, was in ihm lebt und vorgeht. Es geht auch um ein mehr und mehr unverstelltes Wahrnehmen des Lebens in seinen Beziehungen zu Gott, zu anderen Menschen, zu sich selbst, zur Umwelt. Dies unterstützt die Klärung von Selbstbild und Gottesbild, fördert die Wahrnehmung ihrer wechselseitigen Verbindung und Wirkung aufeinander und Offenheit für den lebendigen Gott.
Das Geheimnis der Verwandlung
Ein Grundwort geistlichen Lebens ist „Verwandlung“ (1Kor 15). Dabei geht es um einen Prozess, der die ganze Person und Existenz einbezieht und betrifft – eine Verwandlung in die Person, die ich von Gott her und zuinnerst bin.
Dabei können sich Umwege und Widerstände zeigen. Neben Dürrezeiten und schmerzhaftem Erleben werden auch Trost, tiefe Freude und ein Hingezogensein zu Gott erfahren.
Barmherzigkeit
Eine konzentrierte Beschreibung eines geistlichen Begleiters / einer geistlichen Begleiterin kommt in der Regel Benedikts zum Ausdruck:
Dort heißt es vom senior spiritalis: der / die geistlich Ältere, was nicht vom Lebensalter, sondern mit Blick auf die Erfahrung gesagt ist: dass er / sie es versteht, „eigene und fremde Wunden zu versorgen (curare), ohne sie aufzudecken und bekanntzumachen.“ (RB 46,6)
In dieser Reihenfolge drückt sich das Wissen um die Verwirrungen von Übertragung und Projektion aus, das Wissen auch um den hartnäckigen Richtgeist, der sich all zu gerne der Dynamik von Splitter und Balken bedient.
Wer die eigenen Wunden und sein armes Herz kennt, kann im Wortsinne barmherzig sein, das arme Herz im anderen sehen und trösten.
„Versorgen, ohne vor anderen aufzudecken und bekanntzumachen“: Neben der Selbsterkenntnis zeichnet sich die geistliche Begleiterin / der geistliche Begleiter durch Barmherzigkeit aus und die Haltung des Nicht-(Ver-)Urteilens, des Tröstens, ohne den anderen zu beschämen, vor sich und anderen Menschen.
Die von Jesus gestiftete Beziehungsordnung der Barmherzigkeit ist für die geistliche Begleitung grundlegend und maßgeblich. In diesem Raum der Barmherzigkeit, in dem das liebende Ansehen Gottes spürbar wird, kann Heilung geschehen.
Grundhaltungen des Gespräches
Grundhaltungen des Begleitungsgesprächs sind Echtheit, einfühlendes Zuhören und Verstehen, Wertschätzung. Wesentliche Dynamiken in der Begleitung sind weiter: bestärken und ermutigen sowie nicht verurteilen, nicht betrüben, nicht beschämen. Mitunter ist auch ein wegweisender Hinweis angezeigt. Im Raum der Barmherzigkeit Gottes, der gerecht ist, indem er gerecht macht (Röm 3, 26) und dessen Herz größer ist (1Joh 3, 20), können auch die Verhaltensweisen und Handlungen in den Blick genommen und zur Sprache gebracht werden, die die Beziehung zu Gott, zu anderen, zu sich selbst gefährden, stören, belasten.
Aus dem Empfangen leben und Leben gestalten
Geistliche Begleitung ist eine Hilfe und Unterstützung im und aus dem Empfangen der Barmherzigkeit Gottes den vernünftigen und geistlichen Gottesdienst im Alltag der Welt zu gestalten (Röm 12, 1-3) – konkret an dem Ort, an dem ich lebe, in Beziehung zu den Menschen, mit denen ich lebe.
Voraussetzungen für geistliche Begleiter/ Begleiterinnen
Geistlicher Begleiter / geistliche Begleiterin wird man durch das unverfügbare Wirken des Geistes, in dem Menschen einander für eine Zeit Weggemeinschaft gewähren können und fruchtbar füreinander sind. Der Mensch, der zu mir kommt, sich mir anvertraut, in mir jemanden sieht, der ihm / ihr hilfreich sein kann, macht mich für diese Zeit zum Begleiter / zur Begleiterin. Ich bin nicht geistlicher Begleiter, geistliche Begleiterin „an sich“; „geistlicher Begleiter“ / „geistliche Begleiterin“ ist kein Titel.
Der / die Begleitete bestimmt, ob und an wen er / sie sich wendet. Geistliche Begleitung kann empfohlen, aber nicht angeordnet werden.
Grundlegend für die Begleiterin, den Begleiter ist der eigene geistliche Weg, das eigene Lebens-Gespräch mit Gott.
Wesentliche Voraussetzungen für einen geistlichen Begleiter / eine Begleiterin sind, idealtypisch, darüber hinaus:
- eigene längere Erfahrung auf dem geistlichen Weg,
- langjährig vollzogene und reflektierte geistliche Übung,
- Auseinandersetzung mit der eigenen Biographie,
- Erfahrungswissen im Blick auf verschiedene Weisen der Zwiesprache mit Gott (Clemens von Alexandrien) in lectio und meditatio, oratio und contemplatio und der Dynamiken geistlichen Lebens
- Erfahrungswissen hinsichtlich des Widerfahrnisses geistlicher Krisen,
- selbst erfahrene geistliche Begleitung,
- die oben genannten Grundhaltungen für ein förderliches Gespräch,
- Fähigkeit im Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen und Frömmigkeitsprägungen,
- Wissen um Grenzen geistlicher Begleitung und Kenntnis anderer Beratungs- / Begleitungs- / Therapieformen, auf die ggf. zu verweisen ist,
- absolute Verschwiegenheit,
- eigene Praxisbegleitung.
Erfahrungsräume dafür eröffnen entsprechend qualifizierte Weiterbildungen. Im Bereich der geistlichen Begleitung gibt es zu Erlernendes, zu Erfahrendes und bleibend Unverfügbares!
Kosten
Die Geistliche Begleitung geschieht unentgeltlich.
Bei hauptamtlich Angestellten ist sie Teil ihres Dienstes. Gegebenenfalls bedarf dies einer entsprechenden Absprache bzw. Vereinbarung mit dem Dienstgeber. Kursangebote sind individuell zu regeln.
Merken
Merken